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Angewandte Normen

Handhaben mit Sachverstand

Vorschriften für die Errichtung und den Betrieb von Manipulatoren und ­Balancersystemen Handhabungsgeräte dienen dazu, Lasten in unterschied­lichen Technisierungsstufen zu bewegen – manuell, mechanisiert, teil- oder vollautomatisiert.

Der Begriff „Balancer“ bedeutet etwa „Ausgleichsheber“, weil er dazu dienen soll, Gewichtskräfte gegen die Schwerkraft auszugleichen. Spricht man vom Balancieren einer Last, so bezeichnet man den Zustand, in dem eine Last einer vertikal nach oben gerichteten Kraft ausgesetzt ist, die ihrer Gewichtskraft entspricht. Wobei zusätzliche externe Kräfte erforderlich sind, um die Lage der Last zu verändern. In den meisten Fällen werden hierzu pneumatische (Lastbetätigte Druckregler in Verbindung mit speziellen pneumatischen Steuerungen) oder elektropneumatische Balancersysteme (Wägezellen, Dehnmessstreifen usw.) eingesetzt. Aufgrund dieser Definition ist der Balancer im Sinne der EG-Maschinenrichtlinie 98/37/EG eine Maschine.

Verordnungen und Regelwerke

  • Die Betriebssicherheitsverordnung (10.2002) ist vorrangig und wird künftig die Unfallverhütungsvorschriften ersetzen. Der erste Schritt war die Einführung der Betriebsgesundheitsverordnung A1.

Anmerkung: Nach dem deutschen Geräte- und Produktsicherheitsgesetz gibt es für Maschinenhersteller keine Verpflichtung, nationale Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften, Regeln der Technik (DIN, VDE/VDI-Bestimmungen oder Regeln der Sicherheitstechnik (zum Beispiel Regeln der Unfallversicherungsträger) anzuwenden. Es ist aber ratsam diese bisherigen Verordnungen, Regeln und Richtlinien einzubeziehen. Maschinen müssen den Rechtsverord­nungen des Gesetzes, enthaltenen sicherheitstechnischen Anforderungen und sonstigen Voraussetzungen für ihr Inverkehrbringen entsprechen, das heißt den Binnenmarkt-Richtlinien.

  • EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG des europäischen Parlamentes und des Rates vom 17.Mai 2006. Die Umsetzung in nationales Recht erfolgte in Deutschland durch die Änderung der Maschinenverordnung - 9. GPSGV. Seit dem 29. Dezember 2009 ist die neue Maschinenrichtlinie in Kraft getreten und verbindlich anzuwenden.
  • CE-Kennzeichnung mit ­Inkrafttreten der Richtlinie 89/392/EWG am 1.1.1995, 98/37/EG – neu 98/79/EG •Winden, Hub- und Zuggeräte, BGV D 8, bisher VBG 8.
  • Lastaufnahmemittel im Hebezeugbetrieb, VBG 9a gemäß BGV 1a aufgehoben.
  • CEN-Normung (Sicherheit von Maschinen), GSG, Betriebssicherheits-Verordnung.
  • Gültiges Regelwerk für handgeführte Manipulatoren und Balancer sind seit Oktober 2004 die DIN EN 14238:2001, je nach Ausführung des Hebegerätes auch die BGV D6 Krane Bemerkung. Laut der BGV D6 sind keine Krane Manipulatoren und Hebeeinrichtungen, bei denen sich die Stellteile der Befehlseinrichtungen unmittelbar an der Lastaufnahmeeinrichtung befinden und deren Hubweg nicht mehr als 1,5 Meter beträgt.
  • Maschinenverordnung – 9 GSGV (Gerätesicherheitsgesetz) gilt für Krane, Winden, Hub- und Zuggeräte die nicht unter die BGV D6 oder D8 fallen.

 

In diesen Regelwerken – und hier speziell im Entwurf der DIN EN 14238:2001 – sind die allgemeinen Anforderungen an Balancersysteme und Manipulatoren eingeteilt in Hinblick auf ihre mechanische Festigkeit, die Form ihrer Bauteile, ihre Standsicherheit und die Ausführung ihrer Tragmittel (Kette, Seil und Zubehör wie Haken, Bänder, Gurte). Weitere Anforderungen betreffen die Vakuumschläuche, die pneumatischen, elektrischen und hydraulischen Systeme und Bauteile sowie die Ausführung ihrer Lastaufnahmemittel unter Beachtung von Haltekraft, Druckausfall, Energieausfall. Laut den EG-Richtlinien ist zusätzlich eine Risikoanalyse (FMEA – Failure Mode and Effect Analysis, Gefahrenanalyse) erforderlich.

Hersteller ist laut dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz 2(10) jede natürliche oder juristische Person, die ein Produkt herstellt oder ein Produkt wiederaufarbeitet oder wesentlich verändert und erneut in den Verkehr bringt. Als Hersteller gilt auch jeder, der geschäftsmäßig seinen Namen, seine Marke oder ein anderes unterscheidungkräftiges Kennzeichen an einem Produkt anbringt und sich dadurch als Hersteller ausgibt oder der als sonstiger Inverkehrbringer die Sicherheitseigenschaften eines Verbraucherproduktes beeinflusst. Ein Maschinenbenutzer wird zum „Hersteller“, wenn er im Sinne von „Herstellen“ tätig wird. Das ist beispielsweise der Fall, wenn er eine unvollständige Maschine selber komplettiert (zum Beispiel durch Anbringen einer Umzäunung oder Lärmschutzkapselung) oder eine komplexe Anlage selbst zusammenstellt. Das Gleiche gilt, wenn er an einer Maschine Umbauten vornimmt, die die Maschine wesentlich verändern.

Regelmäßige Prüfungen

Der gefahrlose Betrieb von Hebegeräten hängt entscheidend vom einwandfreien Zustand der in den Regelwerken genannten Faktoren ab. Das Versagen dieser Teile kann unter Umständen schwerwiegende Folgen haben. Die Geräte müssen daher durch regelmäßige Prüfungen auf Schäden, die durch den laufenden Betrieb oder äußere Einwirkung verursacht worden sein können, überwacht werden (Bedienungsanleitung des Herstellers). Hierfür sind besondere Fachkenntnisse erforderlich, die von den Sachkundigen verlangt werden.

Die Prüfungen sind entsprechend den Einsatzbedingungen und den betrieblichen Verhältnissen nach Bedarf, mindestens jedoch einmal jährlich durchzuführen. Ein Bedarf für Prüfungen in kürzeren Abständen (viertel- oder halbjährlich) kann gegeben sein, wenn die Anlage über das gewöhnliche Maß hinaus eingesetzt oder unter erschwerten Bedingungen betrieben wird und dadurch beispielsweise übermäßiger Korrosion oder Verschleiß ausgesetzt ist.

Manipulatoren sind ausgelegt für etwa zwei Millionen Arbeitsabläufe beziehungsweise circa. zehn Jahre Betriebs­dauer. Der Prüfungszeitraum und -umfang sowie die Wartungsumfänge müssen vom Hersteller in seiner Bedienungsanleitung dargelegt werden. Das heißt, dass hier auch die Verwendung der Anlage bestimmt ist und somit auch die notwendigen Prüfungs- und Wartungsintervalle.

Wird die Anlage höherem Verschleiß ausgesetzt (höhere Taktzeit, Temperaturschwankungen) ist der Hersteller sofort zu benachrichtigen, damit er die Prüfungs- und Wartungsintervalle anpassen oder – je nach Bedarf – die Anlage aufrüsten kann. Wichtig: Sobald Veränderungen an der Anlage vorgenommen werden, hat das Auswirkung auf die Herstellererklärung beziehungsweise die Produkthaftung des Herstellers.

Prüfarten und -methoden

Die Basis der Prüfung bilden einerseits die allgemeinen Normungen und Richtlinien und zum anderen die Bedienungsanleitung des Herstellers mit den Anforderungen der EN 292-2, den Anwender vor Restrisiken zu warnen, die nicht durch die Konstruktion beseitigt oder ausreichend verhindert werden können.

Man unterscheidet mehrere Prüfarten: Die Bauartprüfung ist die an einem oder mehreren Baumustern eines Produkts durchgeführte Prüfung vor der Serienherstellung. Die Einzelprüfung wird an jedem Balancer oder Manipulator vor der Inbetriebnahme durchgeführt, insbesondere bei Einzelfertigung.

Die Prüfung durch Berechnung wird während der Konstruktion des Manipulators durchgeführt unter Anwendung von zutreffenden Normen, um die Übereinstimmung mit den Anforderungen sicherzustellen.

Prüfungen durch Test müssen an einem mit den zugehörigen Lastaufnahmemitteln ausgerüsteten Manipulator durchgeführt werden. Im statischen Test muss eine Last, die dem 1,25-fachen der vom Hersteller angegebenen Maximallast entspricht, zehn Minuten lang gehalten werden. Beim dynamischen Test muss eine Last, die dem 1,1-fachen der vom Hersteller angegebenen Maximallast entspricht, zehn Minuten lang gehalten werden. Dieser Test muss für jede Bewegung und für alle Arbeitsbereiche des Manipulators mit wiederholten Starts und Stopps durchgeführt werden. Der Test gilt als bestanden, wenn der Handhabungsmanipulator alle Funktionen erfüllte und keinerlei Mechanismen, Tragwerke oder Verbindungen gelöst oder beschädigt wurden.

Die Prüfung durch Inspektion erfolgt vor der Versandabnahme und bei der Wartung von Hebegeräten und Manipulatoren. Man unterscheidet zwei Arten: Bei der Sichtinspektion ist durch Sichtprüfung festzustellen, dass die verschiedenen Einzelteile des Manipulators mit den Anforderungen der zugrunde liegenden Richtlinie übereinstimmen. Bei der Inspektion der Eigenschaften (Funktionsprüfung) ist zu überprüfen, dass die einzelnen Komponenten des Manipulators korrekt montiert wurden und ordnungsgemäß funktionieren.

Sachkundige

Rechtsgrundlage für die regelmäßige Prüfung von Kranen durch Sachkundige sind die Paragraphen 26 und 27 der Unfallverhütungsvorschrift Krane (UVV 8) und für Lastaufnahmeeinrichtungen im Hebezeugbetrieb die Paragraphen 40, 41, 42 und 43 der UVV 18.

Die Sachkundigenprüfung ist im Wesentlichen eine Sicht- und Funktionsprüfung. Sie erstreckt sich auf die Identität des Hebegeräts/Lastaufnahmemittels mit den Angaben im Prüfbuch, die Prüfung des Zustands von Bauteilen und Einrichtungen hinsichtlich Beschädigung, Verschleiß, Korrosion und sonstiger Ver­änderungen, Vollständigkeiten sowie Wirksamkeit der Sicherheitseinrichtungen und Bremsen.

Der Prüfbefund muss den Umfang der Prüfung, noch ausstehende Teilprüfungen, festgestellte Mängel und eine Beurteilung enthalten, ob der Inbetriebnahme beziehungsweise dem Weiterbetrieb Bedenken entgegenstehen sowie die Entscheidung, ob eine Nachprüfung erforderlich ist. Die Behebung der festgestellten Mängel ist im Prüfbuchbefund/Prüfblatt zu bestätigen.

Ein bestimmter Ausbildungsgang oder eine bestimmte berufliche Stellung ist für den Sachkundigen nicht vorgeschrieben. Wer als Sachkundiger für die Prüfung dieser Anlagen tätig wird, muss aufgrund seiner fachlichen Ausbildung und Erfahrung ausreichende Kenntnisse in diesem Bereich haben und mit den einschlägigen Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften, Richtlinien und der Gesetzeslage sowie den allgemeinen Regeln der Technik soweit vertraut sein, dass er den arbeitssicheren Zustand dieser Hebegeräte beurteilen kann. Ferner muss gewährleistet sein, dass er seine Beurteilung neutral und unbeeinflusst von persönlichen, wirtschaftlichen oder betrieblichen Interessen abgibt. Als Sachkundiger herangezogen werden können Betriebsingenieure, Maschinenbaumeister/Kranmeister, besonders ausgebildetes Fachpersonal sowie Kundendienstmonteure des Herstellers.

Sachverständige

Ein Sachverständiger kann weitergehende Prüfaufgaben wahrnehmen, die für bestimmte Krananlagen und Lastaufnahmemittel vor der ersten Inbetriebnahme oder nach wesentlichen Änderungen vor der Wiederinbetriebnahme vorgeschrieben sind. Als Sachverständige können tätig werden: die Sachverständigen des TÜV sowie die durch die Berufsgenossenschaft nach den „Grundsätzen für die Ermächtigung von Sachverständigen für die Prüfung von Kranen“ (1/518) ermächtigten Personen. In der Regel ist hier ein einschlägiges Hochschulstudium erforderlich oder eine Berufung, zum Beispiel durch die IHK oder die Berufsgenossenschaft. Gutachter müssen in jedem Falle berufen, durch eine Kommission geprüft und vereidigt werden.

Bedienungsanleitung

Der Hersteller muss ein Fabrikschild gut sichtbar und sicher am Handhabungsmanipulator befestigen, auf dem mindestens abzulesen sind: die Herstellerangaben, Typenbezeichnung und Seriennummer, ferner die vom Hersteller festgelegte Maximallast, der erforderliche Druck und so weiter. Die Bedienungsanleitung des Herstellers muss mehrere inhaltliche Schwerpunkte umfassen:

1) Der allgemeine Teil beinhaltet eine kurze Beschreibung des Balancers oder Handhabungsmittels und seiner Leistungsdaten mit Fotos oder Zeichnungen sowie den Arbeitsbereich und die Grenzlasten des Handhabungsmittels und seines Lastaufnahmemittels. Weiterhin gehören die Befestigung, Sicherung, Montage/Demontage und das Einstellen des Handhabungsmittels in den allgemeinen Teil, die Standsicherheit (sofern zutreffend), der Einsatz in besonderer Atmosphäre (feucht, Ex-Zone, Reinraum) sowie eine geforderte, besondere Ausbildung der Bediener. Schließlich umfasst der allgemeine Teil auch eine Anleitung zur Minderung der Gefährdungen, sofern zwischen Bediener und Last ein sehr geringer Abstand erforderlich ist.

2) Die Instandhaltungsanleitung umfasst Angaben zur regelmäßigen Instandhaltung und zur Störungsbeseitigung, ferner Maßnahmen, die während der Reparatur zu treffen sind sowie Angaben zur Verwendung von Originalersatzteilen. Dazu gehören auch Ersatzteillisten mit Herstellerangabe, Steuer- und Schaltpläne, die Instandhaltungsdokumentation sowie die (unterschriebene) CE-Konfirmitätserklärung.

3) Inspektionen und Kontrollen erfolgen vor der Inbetriebnahme, nach einer Reparatur oder erneuten Montage sowie während der Lebensdauer des Manipulators.

4) Auch für Wartung und Service bildet die Bedienungsanleitung des Herstellers die Basis. Er ist verpflichtet, dem Anwender alle erforderlichen Informationen zur ordnungsgemäßen Wartung und Instandhaltung mitzuliefern.

Der Wartungs- und Schmierplan umfasst

  • mechanische Bauteile am Manipulator (Drehachsen/Lagerstellen, mechanische Kontaktstellen, Schraubenverbindungen und die Bodenbefestigung)
  • pneumatische Bauteile am Manipulator (Ausgleichszylinder, Drehdurchführung), ferner
  • mechanische Komponenten an der Aufnahmevorrichtung (Linear-/Profilschienenführung, Kettentrieb, mechanische Kontaktstellen, Spannrollen, Schraubenverbindungen) sowie
  • pneumatische Komponenten an der Aufnahmevorrichtung (Spannzylinder, Drehantrieb, Drucktaster, Wege-Ventile, Druckluftwächter, Bremszylinder und Drehdurchführung).

Zusammenfassung

Es gilt in der Hauptsache für die Auslegung und Prüfung von Balancersystemen und Manipulatoren die DIN EN 14238: 2001. Im Besonderen kann auch die BGV D6, D8, jedoch auch die Maschinenverordnung zutreffen. Hier sind zur eindeutigen Bestimmung des Regelwerks die Dokumentationsunterlagen des Herstellers heranzuziehen. In der Regel gibt der Betreiber beziehungsweise Kunde vor Auftragsvergabe ein Lastenheft heraus, indem die spezifischen Betriebsmittelvorschriften oder Ausführungsvorschriften für Maschinen, Anlagen und dergleichen heraus. Hier wird dem Hersteller der Hebegeräte die Ausführung und Auslegung vorgegeben.

Er muss diese in seiner Betriebsanleitung berücksichtigen. Bei normalem Betrieb müssen Balancersysteme und Manipulatoren sowie deren Lastaufnahmemittel einmal jährlich durch einen Sachkundigen geprüft werden. Die erforderliche jährliche Wartung sollte diese Prüfung beinhalten. Es ist den in den Bedienungsanleitungen der Hersteller aufgezeigten Wartungsintervallen dennoch Folge zu leisten. Schreibt der Hersteller für bestimmte Bauteile eine viertel- oder halbjährliche Wartung vor, ist dies aus Gründen der Gewährleistung oder auch der Produkthaftung notwendig.

Ist ein größerer Verschleiß (zum Beispiel durch höhere Taktzeiten oder durch Korrosion) aufgrund geänderter Arbeitsprozessbedingungen zu erwarten, muss der Hersteller der Anlage informiert werden, damit er hier reagieren kann. Veränderungen an den Anlagen – und sei es nur die Anbringungen mechanischer Teile wie Abdeckbleche – sind zu vermeiden.
Roland Lesch

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